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Schiffbruch, 2015
Linus Riepler
Wien Museum Sammlung

‘Scheitern’ stammt aus der Seefahrt und entwickelte sich aus dem ‘Zerscheitern’ von Schiffen. Ein Holzscheit trifft auf handgeformte Objekte, gebaute Landschaften und abgeformte Strukturen. Zusammen mit Fragment- und Bilderzählungen imaginiert Riepler hier eine fiktive Geschichte und gesteht dem Fundstück eine potenzielle Biografie zu. In Bezug auf seine Arbeitsweise, mit einer unkaschierten Technik, die förmlich den Fingerabdruck des Künstlers erkennen lässt, stellt Riepler fest: „Ich könnte es besser, aber ich will nicht.“

Ikarus, 1987
Walter Berger
Wien Museum Sammlung

Um von Kreta aus dem Labyrinth des Minotaurus zu fliehen entwirft Dädalus Flügel. An einem Gestänge befestigt er Federn mit Wachs. Er schärft seinem Sohn Ikarus ein, bloß nicht zu hoch oder zu tief zu fliegen, sonst könnte die Hitze der Sonne oder die Feuchtigkeit des Meeres ihn zum Absturz bringen. So fliegen sie. Ikarus wird übermütig und steigt in die Höhe, immer näher zur Sonne. Seine Flügel schmelzen und er stürzt ins Wasser und stirbt. Ikarus unverschämter Griff nach der Sonne bestrafen die Götter.

Fallen, 2020
Thomas Geiger (Performer: Jan Pienitzsch)
Wien Museum Sammlung

“In der Kunst gibt es viele fallende Männer (es scheinen immer Männer zu sein). Ein besonderes Thema ist jedoch der fallende Künstler. Vor allem im 20. Jahrhundert wurde der fallende Künstler zu einem immer wiederkehrenden Thema, in dem sich Hybris, Versagen und unbewusste Wünsche und Ängste verdichten. (...) auch in unseren Träumen fallen wir. Die Traumdeutung sieht darin einen Ausdruck von Angst und Kontrollverlust. Freud assoziiert es mit sexuellen Hemmungen und dem Wunsch, endlich loszulassen." (Thomas Geiger)

Siegespodest, 2006
Sofia Goscinski
Wien Museum Sammlung

Siegerpodeste wissen wir funktional und metaphorisch zu deuten. Der/die Sieger:in steht am höchsten, der/die anderen in Abstufung links und rechts darunter. Jedoch hat Goscinski eben jene Funktion konterkariert: die glattpolierte Oberfläche entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als Wasseroberfläche. Würde jemand auf das Podest steigen (Bitte nicht!), würde sie/er im Wasser versinken. Ein humorvolles Stück aufs ‘Siegen’, denn wer hier am obersten Platz steht, steht zugleich am tiefsten im Wasser.

and i‘m sorry for whatever i did, 2021
Julia Niemann und Leonie Seibold

Auf drei Kanälen laufen in Endlosschleife Videoausschnitte von sich entschuldigenden Männern. Fragmente aus Filmen, Musikvideos, Politikerreden oder historischen Archivmaterial, die so aufeinander abgestimmt sind, dass Muster, Echos und Entsprechungen entstehen. Hollywoodeske Entschuldigungsmelodramen werden mit formellen Politikern unterbrochen, Geständnisse vermeintlich ernsthafter und aufrechter Männer, die eine Frau zurückgewinnen wollen, oder ein ganzes Land. Die Conditio humana wird als Geschichte des Scheiterns erzählt. „Einerseits gestehe ich es mir ein, andererseits – genau: Ich war es nicht. Ein Muster, das wir derart oft wiederholt sehen, dass es schon wirklich aufregt”, beschreibt es Seibold. Denn: sich entschuldigen, Schwäche zeigen, gilt als unmännlich.

Caviar, 2007
Razvan Botis
Sammlung DODO

Eine Fotografie zeigt das Dreiviertelportrait des Künstlers, die rechte Hand gestikuliert und die Linke hält ein Kaviarbrot. Nonchalant lehnt er den Oberkörper nach hinten und grinst freudig. Das Lachen entblößt die vom Kaviar Schwarz getünchten Zähne. In seinem inszenierten Selbstbildnis mimt Botis den ebenso blasierten wie blamierten Edelmann. Mit feinem Humor schafft er ein Kunstwerk für ein Publikum, das sich eventuell – im Moment des Betrachtens – in ähnlich misslicher Lage befindet und hält ihm so den Spiegel vor.

Fotografien aus Wien 1999–2003
Sebastian von Wahl
Wien Museum Sammlung

Sebastian von Wahl wurde 1964 in Geesthacht, Deutschland, geboren und starb an einem unbekannten Datum in Gloucestershire, Großbritannien. Als Angestellter einer deutschen Firma arbeitete er zwischen 1999 und 2003 für deren Niederlassung in Wien. In dieser Zeit erkundete und dokumentierte er als fotografischer Dilettant die Stadt. Dabei entstanden über 2.500 Fotografien, die er dem Wien Museum schenkte und „den Armen Wiens” widmete. Mit einer kleinen Postkartenserie wollen wir sein Schaffen würdigen.

Die wahre Humanität liegt im Bereithalten von … ?? Ersatzteilen! (Opus 261), 1966–1967
Curt Stenvert
Wien Museum Sammlung

Stenvert interpretierte Kunst als soziales Medium. Durch Verfremdung und Ironisierung versuchte er, dem Publikum neue Sichtweisen zu eröffnen und einen Nutzen für die Gesellschaft zu erbringen. Die hier angesprochenen Ersatzteile sind industriell hergestellte Körperteile: Bei Bedarf einfach auslösen und verwenden! Die Austauschbarkeit von Menschenleben und Körperteilen, die durch die Technologisierung und Plastifizierung der 1960er-Jahre erleichtert wurde, wird hier provozierend und mit schwarzem Humor nachgezeichnet.

Trotz dem, Fotosequenz aus: The White Cell Project, 1983
Margot Pilz
Wien Museum Sammlung

Der Raum der „Weißen Zelle” ist nach den Körpermaßen der Künstlerin dimensioniert. In der Sequenz Trotz dem ist Pilz die Protagonistin, die mit der Schwere der Decke kämpft, physisch bedrängt wird und schließlich plattgedrückt am Boden kauert. Hier liest sich das Trotzdem wie ein Scheitern – trotz aller Bemühungen und Anstrengungen. Trotz eines feministischen Aufbegehrens und Kampfes für Gleichberechtigung ist es die Unüberwindbarkeit der gläsernen Decke, die sie schließlich in Bodennähe plättet.

Affekt, 2023
Alfred Rottensteiner

Affekt bündelt in Form eines intimen Monologs des Werkes (bzw. dessen Schöpfers) die Angst mancher Betrachter:innen, Kunst nicht „richtig” zu verstehen und so in der Kunstbetrachtung zu scheitern. Hier gibt es kein richtig oder falsch. Wenn redundante Worthülsen und philosophische Versatzstücke versuchen, Werke zu erklären, wird dabei oft der Blick darauf verstellt. Diese – nicht selten – leeren Deutungen und gespreizten Werkbeschreibungen der Kunstszene nimmt Rottensteiner in seiner Installation humorvoll aufs Korn.



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Shipwreck, 2015
Linus Riepler
Wien Museum Sammlung

The German term “Scheitern”—failure in English—originates in seafaring language with the word “Zerscheitern,” the wrecking of ships. A “Holzscheit,” a log of wood, meets objects shaped with the hands, built landscapes, and molded structures. With fragmentary, pictorial narratives, Riepler imagines a fictional history, while granting the found object a potential biography. Referring to his working method, an exposed technique that emblazons the artist’s fingerprint, Riepler states: “I could do better, but I don’t want to.”

Icarus, 1987
Walter Berger
Wien Museum Sammlung

To escape from the Minotaur in the Cretan labyrinth, Daedalus builds wings. He uses wax to attach feathers to a wooden framework, and urges his son Icarus not to fly too high or too low, for the heat of the sun or the humidity of the sea could cause him to crash. So they fly. Icarus gets cocky and soars up in the sky, closer and closer to the sun. His wings melt, and he falls into the water and dies. The Gods punish Icarus for his brazen grab for the sun.

Falling, 2020
Thomas Geiger (Performer: Jan Pienitzsch)
Wien Museum Sammlung

“There are many falling men (it seems always to be men) within the arts. A special subject, however, is the falling artist. Especially in the 20th century, the falling artist became a recurring motif in which hubris, failure, and unconscious desires and fears coincide (...) we also fall in our dreams. Dream interpretation sees this as an expression of fear and loss of control. Freud associates it with sexual inhibitions and the desire to finally let go.” (Thomas Geiger)

Winners’ Podium, 2006
Sofia Goscinski
Wien Museum Sammlung

We all know how to read a winners’ podium functionally and metaphorically. The winner stands at the top, the others stepped down to the left and right. Goscinski, however, has counteracted precisely this function: upon closer inspection, the smoothly polished floor turns out to be a water surface. If someone were to climb onto the pedestal (please don’t!), she/he would sink into the water. A humorous piece about “winning”—here whoever ranks highest also stands the deepest in water.

and i‘m sorry for whatever i did, 2021
Julia Niemann und Leonie Seibold

Video excerpts of men apologizing play in an endless loop on three channels. Fragments from films, music videos, politicians’ speeches, or historical archive material are coordinated to create patterns, echoes, and correspondences. Hollywood-style apology melodramas are spliced with formal woeful speeches by politicians, confessions by allegedly earnest and honest men who want to win back a woman, or an entire country. The conditio humana is told as a story of failure. “On the one hand, I admit it to myself, on the other hand—exactly: I didn’t do it. It’s a pattern we see repeated so often that it’s really irritating,” as Seibold puts it. Because apologizing, showing weakness, is so unmanly.

Caviar, 2007
Razvan Botis
Sammlung DODO

A photograph shows a three-quarter portrait of the artist, his right hand gesturing and his left holding a caviar bread. Nonchalantly, he leans his upper body back and grins joyfully. The laughter exposes teeth blackened with caviar. In his staged self-portrait, Botis mimics the gentleman who is just as blasé as disgraceful. Subtle but funny, he devised an artwork for observers who may—in the moment of viewing—be in a similarly awkward position and holds up a mirror before them.

Photography from Vienna 1999–2023
Sebastian von Wahl
Wien Museum Sammlung

Sebastian von Wahl was born in Geesthacht, Germany, in 1964 and died on an unknown date in Gloucestershire, United Kingdom. The employee of a German company worked for their Vienna office between 1999 and 2003. During this time, he explored and documented the city as an amateur photographer. He took more than 2,500 photographs, which he donated to the Wien Museum and dedicated to “the poor of Vienna.” We honor his work with a small series of postcards.

True Humanity Lies in Having … ?? Spare Parts! (Opus 261), 1966–1967
Curt Stenvert
Wien Museum Sammlung

Stenvert treated art as a social medium. Through alienation and ironization, he tried to reveal new perspectives to his audience and provide benefits to society. The spare parts referred to here are industrially manufactured body parts: if necessary, simply snap off and use! Here the exchangeability of human lives and body parts, spurred by the rise of technology and plastics in the 1960s, is provocatively portrayed with a touch of black humor.

Trotz dem, Fotosequenz aus: The White Cell Project, 1983
Margot Pilz
Wien Museum Sammlung

The space of the “White Cell” is dimensioned according to the artist’s body measurements. In the sequence Trotz dem (Despite), Pilz is the protagonist, who struggles with the weight of the ceiling, physically besieged, and in the end crouches flattened on the floor. In this case, “despite” can be read as a failure—despite all efforts and exertion. Despite a feminist revolt and struggle for equality, it is the insurmountability of the glass ceiling that ultimately flattens the artist to the ground.

Affekt, 2023
Alfred Rottensteiner

In the form of an intimate monologue by the work (and its creator), Affekt encapsulates the fear of viewers to not understand art “properly” and thereby fail in their appreciation of it. There is no right or wrong here. Explaining art with redundant hollow words and philosophical titbits often obscures the view of the work. In his installation, Rottensteiner cunningly mocks these—not seldom—empty interpretations and stilted work descriptions in the art scene.